Gefährtinnen
Wie ist es möglich, dass Sironas Sternennetz plötzlich Schmerz und Verzweiflung auslöst? Alles spricht für einen Verrat und Darken trifft eine Entscheidung, an der die Bruderschaft zu zerbrechen droht. Hat Teutates wirklich gewonnen?
Sirona, kaum von den Toten auferstanden, muss weitergehen als je zuvor, wenn sie Darken zurückgewinnen und sich ihrem göttlichen Bruder stellen will, der bereit ist, zum Äußersten zu gehen.
Lange vor Sonnenaufgang erwachte Sirona. Die Nacht hatte keinen Trost gebracht, und bis die Frühstücksglocke läutete, dauerte es noch Stunden. Genügend Zeit, über ihre Rache nachzusinnen.
Er hatte ihren Stolz verletzt und genau da würde sie jetzt auch den Hebel ansetzen. Sie entwarf einen Plan nach dem anderen gegen ihn, verwarf jedoch jeden Einzelnen wieder, weil sie zu böse waren. Immer wenn sie sich am Ziel wähnte, sah sie seine Augen, hörte sie seine letzten Worte. Dass sie Darken liebte, war eine Tatsache, die sie in ihren Überlegungen nicht außer Acht lassen durfte. Aber dennoch, sie wollte es ihm nicht so leicht machen. Er sollte spüren, wie zornig sie war, und dass sie sich nicht alles gefallen ließ. Ihr Plan nahm immer konkretere Formen an.
Die Glocke läutete. Sirona duschte, zog sich an und ging erhobenen Hauptes zum Frühstück. Schweigend aber ausgiebig aß sie mit ihren Kindern an einem gemeinsamen Tisch.
Kim war frohen Mutes und lief in ihren Unterricht, während Marianna in die Küche zurückging, lediglich Matthea blieb sitzen.
»Du weißt, dass ich Kim liebe, nicht wahr?«, flüsterte er.
Sirona lächelte, sie sah zu ihm hoch.
»Sie ist deine Tochter. Ich möchte, vorsichtig ausgedrückt, behaupten, sie ist nicht ganz einfach. Ich meine, sie ist nicht immer Herrin ihrer Gefühle und das hat sie augenscheinlich von ihrer Mutter!«
Sirona entglitt ihr Lächeln.
»Was möchte mein Sohn mir damit sagen?«
»Ich sehe, dass du innerlich kochst, und ich mache mir Sorgen um denjenigen, der dir als Nächstes ganz versehentlich auf die Füße tritt!«
»Darum meinst du, dass du mich provozieren musst, um dem vermeintlichen Opfer zuvorzukommen!«
Matthea hob abwehrend die Hände. »Nein danke, ich verzichte. Aber vielleicht gibt es ja noch eine andere Sichtweise der Angelegenheit. Es könnte nützlich sein, wenn du mir erzählst, was dich gerade zur Weißglut treibt. Mutter, dir steht die pure Mordlust in den Augen!«
Sirona schlug die Lider nieder. »Weißt du eigentlich, wie hässlich es ist, wenn sich die eigenen Kinder aufführen, als seien sie die Eltern und könnten einem noch etwas beibringen?«
Matthea lehnte sich zurück und schloss die Augen. »Ich liebe dich und Kim, aber manchmal seid ihr einfach nicht zu verstehen. Versprich mir, dass du wenigstens versuchst, dich abzureagieren, bis du auf Darken stößt!«
»Oh, du machst dir Sorgen um deinen Vater!, Dazu hast du auch guten Grund. Aber ich kann dich beruhigen, er kämpft gerade im Irak, um ein Uranlager. Alle Brüder sind bei ihm, nur ich nicht! Diesen Kampf muss er erst einmal überleben!«
Matthea starrte sie an.
»Denn ich bin nur eine Frau, die man besser bei den Kindern lässt, wenn es interessant wird. Irgendwie ein altmodischer Gedanke, nicht wahr?«
Matthea schluckte, Sirona hatte sich in Fahrt geredet und er schien ihrem Ausbruch nicht mehr gewachsen zu sein. »Ich denke, es ist jetzt besser zu schweigen«, gab er kleinlaut zu.
»Ich packe meine Tasche, bitte fahr mich zur Basis.«
»Es ist niemand da, der dich fliegen kann!«, gab er zu bedenken.
»Es gibt einen privaten Helikopteranbieter, den haben wir bei unserem ersten Besuch der Schule ebenfalls genutzt.«
»… und dann? Darken hat allen Mitgliedern der Bruderschaft die Benutzung von Linienmaschinen untersagt. Inzwischen hört man nahezu täglich von irgendwelchen Bombenattentaten und Abstürzen.« Matthea richtete sich auf.
»Wenn es so wichtig für ihn ist, hätte mir dein Vater einen Piloten dalassen sollen!«, gab sie schnippisch zurück.
»Mutter, du bist erst vor drei Jahren abgestürzt, erst seit wenigen Monaten wieder bei uns! Vergiss bitte nicht, was es für uns bedeutet hat, als du nicht mehr da warst.«
Sie wurde unsicher, die Erinnerungen kamen zurück und sie versuchte, das leichte Zittern vor Matthea zu verstecken.
»Es ist doch sehr unwahrscheinlich, dass man innerhalb von drei Jahren zweimal abstürzt.«
»Bitte, Mutter!«
Sirona schüttelte den Kopf: »Es tut mir leid, aber wenn ich mir morgen noch in die Augen sehen will, muss ich jetzt fliegen. Mein Stolz und meine Ehre lassen es nicht zu, dass man mich übergeht und sitzen lässt!«
Matthea holte tief Luft, wollte etwas sagen, aber Sirona hob die Hand.
»Wir treffen uns in zehn Minuten im Hof, zwing mich nicht, diese Bitte als Befehl auszusprechen.«
Matthea nickte und stand auf. Als er den Raum verließ, brach es ihr fast das Herz, aber auch dafür war ganz allein Darken verantwortlich.